Verändern wir uns durch Sprache?

In sozialen Netzwerken macht sich unabhängig von ideologischem und politischem Hintergrund eine zunehmende Eskalation der Sprache bemerkbar.

Mitmenschen werden leichtfertig als Parasiten, Monster, Geisteskranke, Schafe, Covidioten, Nazis etc. bezeichnet. Der Anlass kann eine gegenläufige Ansicht, eine unterstellte böse Absicht oder anderes sein.

Die Verwendung solcher Ausdrücke scheint auf den ersten Blick harmlos (oder gerechtfertigt), hat aber starke negative Auswirkungen auf unterschiedlichen Ebenen. Schon die Nationalsozialisten haben gezielt Worte wie Parasit oder Ratte als Bezeichnung für jüdische Bürger genutzt, um sie in der Wahrnehmung zu entmenschlichen. Das führt zu einem Empathieverlust, bis hin zur Akzeptanz von Gewalt gegen die abgewertete Gruppe. Es werden gezielt negative Gefühle wie Ekel, Wut, Angst oder Hass angesprochen und verstärkt. Die hier beschriebene Manipulationstechnik bezeichnet man als Dehumanisieren.

Diese Art von Sprache beeinflusst sowohl diejenigen die sie verwenden als auch die Leser. Bei beiden Parteien werden negative Emotionen verstärkt, was zwangsläufig zielführende Kommunikation blockiert. Starke negative Emotionen verhindern Rationalität, Selbstreflexion und Empathie. Dies sind jedoch die entscheidenden Vorraussetzungen für gegenseitiges Verständnis, konstruktiven Diskurs und lösungsorientiertes Denken.

Wenn wir solchen Ausdrücken in der Onlinewelt begegnen, sollten wir uns im Klaren sein, dass unser Gegenüber gerade emotional, vielleicht sogar aufgebracht ist. Es ist nicht zielführend darauf direkt zu verweisen. Zunächst sollten wir unsere eigenen Emotionen im Blick behalten. Falls uns das Gesagte aufwühlt, ist es ratsam erstmal tief durchzuatmen und Abstand zu gewinnen. Das ermöglicht uns besonnen und wohl überlegt zu reagieren.

Idealerweise entfernen wir uns nicht von der sachlichen Ebene und setzen uns lediglich mit den vorgebrachten Argumenten auseinander. Wenn es gelingt freundlich und sachlich zu bleiben, führt das in der Regel zu einer Verhaltensänderung bei unserem Gesprächspartner. Wir gewinnen durch unsere Souveränität an Glaubwürdigkeit, was auch das Publikum eher mit unserer Darstellung sympathisieren lässt. Knappe, pointierte Antworten sind dabei ideal.

Unser Verhalten hat entscheidenden Einfluss darauf wie sich der weitere Gesprächsverlauf gestaltet und welche Seite das Publikum favorisiert. Vielleicht können wir sogar zu einer Besinnung oder Selbstreflexion in unserem Gesprächspartner beitragen.

Kindness can change the world.